Leiste mit Lügensteinen
Beringers
Lügensteine e.V.
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26.07.2012: Mainpost Würzburg: Auf den Leim gegangen

Alles nur gefälscht: In der Würzburger Zentrale der Sparkasse Mainfranken zeigt der Verein „Beringers Lügensteine“ auch die berüchtigten Fälschungen. FOTO: THOMAS OBERMEIER
Lügensteine
Beringers Ehrenrettung: Die Ausstellung erklärt, warum er den Betrug nicht merkt. FOTO: THOMAS OBERMEIER
Ausstellung der Lügensteine

Historischer Betrug: War der Professor, der auf die Lügensteine aus Eibelstadt reingefallen ist, ein Versager? Oder das Opfer einer Intrige? Eine Ausstellung versucht sich an einer Klärung.

Vom Mainpost-Redaktionsmitglied WOLFGANG JUNG

Am 4. Oktober 1725 kommt Johann Bartholomäus Adam Beringer groß in den Leipziger „Neuen Zeitungen von Gelehrten Sachen“ raus. Da steht, der Mediziner, Hochfürstliche Rat und Leibarzt des Fürstbischofs habe vor wenigen Monaten „in einem Wunderberg“ die „allerraresten und von niemanden bisher unter den versteinerten Sachen beschriebenen Lufft- Meer- Land und Wasser-Thierchen“ gefunden. Beim ersten Anblick dieser Versteinerungen habe man „nicht anders glauben wollen, als wären sie durch die Kunst nachgemacht, um die Liebhaber solcher gebildeter Steine zu betrügen“. Eine Dissertation mit einer Deutung der Funde werde bald erscheinen. Und tatsächlich: Im Mai 1726 erscheint sie, die weltberühmt gewordene „Lithographiae Wirceburgensis“.
Einiges spricht dafür, dass Beringer den Artikel im Leipziger Blatt selbst geschrieben hat. Hätte er nur auf den ersten Anblick vertraut, vielleicht bei der steinernen Spinne im steinernen Netz, dann wäre er nicht als geistiger Kretin in die internationale Wissenschaftsgeschichte eingegangen, als der Mann, der auf die „Würzburger Lügenstein“ hereingefallen ist. So sehr hatte Beringer sich festgebissen an der vermeintlichen Situation, dass er vor der Veröffentlichung seiner Lithographiae nicht dem offensichtlichsten Hinweis traute. Bei einem Ortstermin im Eibelstädter Weinberg, in Anwesenheit des Fürstbischofs und von Balthasar Neumann, hatte der Theologe und Mathematiker Jean Ignace Roderique gestanden, die Steine gefälscht zu haben.
Beringer ist vermutlich zwei Würzburger Gelehrten auf den Leim gegangen, dem Hof- und Universitätsbibliothekar Johann Georg von Eckhart und dem Roderique. Welche Gründe sie gehabt haben könnten, um ihren Kollegen mit gefälschten Steinen aus den Eibelstädter Weinbergen so gründlich zu blamieren, ist reichlich spekuliert worden. In „Beringers Lügensteine: 493 Corpora Delicti zwischen Dichtung und Wahrheit“, herausgegeben von den Freunden der Würzburger Geowissenschaften, erschienen 2005, stellen die Autoren Birgit Niebuhr und Gerd Geyer einige vor. Etwa: Roderique und von Eckhart hätten Beringer eine reingewürgt, weil er ihnen mit seiner selbstherrlichen Art auf die Nerven gegangen sei. Oder: Roderique habe Beringers Gattin verehrt und vier Eibelstädter Buben zur Untat angestiftet, um freie Fahrt bei der Dame zu haben, während der Gatte über den Steinen brütet. Den Spekulationen sind keine Grenzen gesetzt.
In der Zentrale der Sparkasse Mainfranken Würzburg, in der Hofstraße, ist jetzt eine Ausstellung des Vereins „Beringers Lügensteine“ zu sehen, die auf der Basis einer zwei Jahre alten Dissertation der Höchbergerin Petra Hubmann entstanden ist. Dass Beringer und die Lügensteine bis heute die internationale Fachwelt beschäftigen, dokumentierte Prof. Dr. Alix Cooper, die an der Uni New York Neuere europäische Geschichte lehrt. Hubmann stellt fest, der tatsächliche Tathergang sei bis heute ungeklärt. Sie vermutet, katholische Kräfte hätten im Hintergrund gewirkt, um dem fortschrittlichen, den Ideen der aufkommenden Aufklärung zugeneigten Beringer ein Bein zu stellen.
Hubmann zeigt wie Niebuhr und Geyer auf, dass Beringer keineswegs so dumm war, wie später kolportiert wurde. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts, schreiben Niebuhr und Geyer, sei Wissenschaft aus dem Beobachten und Schlussfolgern entstanden. Messungen, physikalische und chemische Untersuchungen seien damals so gut wie unbekannt gewesen. Das heutige Wissen über Geologie und Paläontologie habe nichts mit den Vorstellungen von vor 300 Jahren zu tun. Beringer,
stellen die Geschichtsforscher fest, sei nach
den Maßstäben seiner Zeit korrekt vorgegangen. Das Manko seiner Arbeit liege lediglich
in der falschen Datenlage, den Lügensteinen.
Lange war von knapp 2000 Lügensteinen, gefertigt aus Würzburger Muschelkalk, die Rede. Niebuhr und Geyer halten das in Anbetracht der kurzen Entstehungszeit für wenig wahrscheinlich. An die 1000, glauben sie, mögen es gewesen sein. Keine 600 sind bekannt.
Über die Jahrhunderte hinweg hielten sich Berichte, nach denen Täter und Opfer die Affäre nicht heil überstanden hätten. Auch das ist neueren Forschungen zufolge falsch. Beringer blieb hoch geachtet und behielt seine Ämter, unter anderem als Uni-Professor, Leiter des Juliusspitals und Leibarzt des Fürstbischofs. Von Eckhart blieb Hof- und Uni-Bibliothekar und erntete noch Ruhm als Entdecker des Hildebrand-Liedes, einer Heldendichtung aus dem 9. Jahrhundert. Auch Roderique musste Würzburg nicht verlassen. Er tat es freiwillig, als er sich nach von Eckharts Tod vergeblich als dessen Nachfolger bewarb. Er ging nach Köln, wo er als Professor für Geschichte und Herausgeber der antipreußischen „Gazette de Cologne“ eine internationale Karriere machte.
Und die Eibelstädter Buben hatten, vermuten Niebuhr und Geyer, für ihre Dienste wenigstens ein ordentliches Taschengeld bekommen, bevor sich ihre Spuren im Nebel der Geschichte verlor.

Die Lügensteine

Der Handwerker der die Würzburger Lügensteine angefertigt hat, muss ein geschickter und künstlerisch leidlich begabter Mensch gewesen sein. Die Uni Würzburg hat über 400 von ihnen untersucht. Die meisten, berichten Birgit Niebuhr und Gerd Geyer, seien „offenkundig relativ rasch hergestellte, aber in ihrem Entwurf dennoch durchdachte Exemplare“. Werkzeugspuren seien kaum zu erkennen. 15 bis 20 Prozent seien aber „lieblos“ gearbeitet.

Manche Motive auf den Steinen sind einfach wie die Darstellungen von Sonnen und Kometen. Ein Sonnenrelief soll einer der ersten Steine gewesen sein, den die Eibelstädter Buben dem Beringer untergejubelt haben.

Erstaunen weckt, dass der Gelehrte bei Schriftzeichen keinen Verdacht schöpfte. Ausgerechnet sie soll Beringer für den Beweis für eine natürliche Entstehung der Steine gehalten haben.

Seifen, Kerzen, Schlüsselanhänger, Magnete, Schokoladenteilchen und noch mehr, die mit Motiven der Lügensteine verziert sind, verkauft die Corollifex Gifts & History GmbH in Höchberg. Geschäftsführerin ist Petra Hubmann, die Macherin der Ausstellung. Mehr Infos unter Öffnet einen externen Link in einem neuen Fensterwww.corollifex.de

Der Lügensteinweg führt in Eibelstadt durch den Weinberg, aus dem die Figurensteine angeblich stammen. Die Spaziergänger sollten allerdings nicht alles glauben, was sie auf den Informationstafeln lesen; die Autoren erzählen zur Unterhaltung des Publikums auch Geschichten, an denen nun wirklich gar nichts dran ist.

Die Ausstellung „Neues über Beringer und über das Rätsel um die Lügensteine“, zusammengestellt aus Bildtafeln, Dokumenten und Objekten, ist bis 17. August in der Sparkasse Mainfranken in der Hofstraße 9 zu sehen.

 

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  • Lügenstein: Hebräisches Schriftzeichen stehend
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  • Lügenstein: Kleiner Komet
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